Mit dem Ausbruch des 1. Weltkrieges wurde auch beim Gesangverein "Orpheus" der Taktstock zur Ruhe gelegt. Während die Männer im Felde kämpften und der Verein ihrer alljährlich zu Weihnachten mit Liebesgaben gedachte, versuchte der Dirigent mit einem Jungfrauenchor den Gesangsbetrieb aufrechtzuerhalten.
Nach Beendigung der Kriegshandlungen musste unser Verein den Verlust einiger Sangesbrüder betrauern.
So sehr die Kriegswunden noch schmerzten - bald traf man sich wieder zur Singstunde. Die vom Krieg gelichteten Reihen füllten sich durch jüngere Kräfte auf und 1922 feierte der Sängerbund "Mittleres Niddatal" bei uns seinen 1. Sängertag. Die Vereinsarbeit machte wieder Spaß und es ging aufwärts im gesanglichen Können.
In der Jahreshauptversammlung vom 18. Januar 1925 wurde eine Änderung der Vereinsstatuten hinsichtlich der Wahl und der Zusammensetzung des Vorstandes einstimmig angenommen. Weiterhin gehörte in die Tagesordnung aller folgenden Generalversammlungen die Wahl eines Fahnenträgers und zweier Fahnenbegleiter. Heute werden jene Positionen nicht mehr durch Wahlen besetzt, sondern der Verein ist froh, jemand für diese nicht leichte Arbeit zu finden.
Das Jahr 1925 ragt überdies auch durch andere Ereignisse aus der Vereinsgeschichte heraus. Da ist zunächst das 25. Jubiläum des allverehrten Dirigenten Otto Lenz - ihm dankten Gemeinde und Vereine - und da ist die Anschaffung eines Klaviers.
Außerdem wird die Gastwirtschaft Lehmer, obwohl vermutlich schon früher, erstmals als Vereinslokal gekennzeichnet. Mit der Besatzung von 2 geschmückten Pferdewagen wird das Bundeswertungssingen in Dauernheim besucht.
Die Einsatzbereitschaft und die Liebe zum deutschen Lied des Dirigenten Otto Lentz wird mit seiner Wahl zum Vorsitzenden des Sängerbundes "Mittleres Niddatal" honoriert.
Die Jahreshauptversammlung von 1926 gibt sich fortschrittlich:
Es wurde der Wunsch geäußert, den geschäftsführenden Vorstand, nämlich Vorsitzenden, stellvertretenden Vorsitzenden, Rechner und Schriftführer von ordentlichen und außerordentlichen (im heutigen Sprachgebrauch entsprechen: aktiven und fördernden) Mitgliedern zu wählen.
Gegen Ende des Jahres rief der Dirigent einen Jungfrauenchor ins Leben, der von nun an selbstständig auftrat und die Vereinsarbeit und das Vereinsgeschehen wesentlich bereicherte.
Der angespannten Kassenlage versuchte der Verein 1927 durch einen Vorstandsbeschluss bezüglich 5.-- DM Leihgebühr für die Theaterbühne und 10,-- DM für das Klavier zu begegnen.
Den gesellschaftlichen Höhepunkt des Jahres 1928 erlebte der Verein mit der vom Bundesvorsitzenden Dirigenten Otto Lentz arrangierten Fahrt an den Rhein. 68 Einheimische und ca. 400 andere Bundesmitglieder unterzogen sich mit Sonderzug, Dampferfahrt und Fußmarsch zum und vom Niederwalddenkmal einer strapaziösen Reise an den von Franzosen noch besetzten, viel besungenen Rhein.
In der politischen Gemeinde soll es indessen zu "mancherlei Unstimmigkeiten" gekommen sein, von denen "Orpheus" verschont blieb.
Auf dem Sängertag vom 27.12. 1929 in Blofeld wurde trotz mancher gegenteiliger Meinungen der Beitritt zum Deutschen Sängerbund beschlossen, für den der Verein fortan einen Jahresbeitrag von 1,-- DM pro Sänger entrichten musste.
Der Verlust eines Bass-Sängers-Hutes anlässlich des Bundeswertungssingens in Wallernhausen im Jahre 1930 ließ die gute Stimmung auf den Nullpunkt sinken; doch zum Glück tauchte das gute Stück am anderen Morgen beim "Waltersch Karl" wieder auf.
Der Sängertag des Sängerbundes "Mittleres Niddatal" am 22. Mai 1932 in Geiss-Nidda bestimmte das Vereinsgesehen dieses Jahres. Der gesamte Ort war mit Tannengrün, Flaggen und Willkommensgrüssen festlich geschmückt. Im Saale des Vereinslokals Lehmer kam das Wertungssingen zur Durchführung und alle Gäste, die im Saal keinen Platz mehr fanden, konnten mittels Lautsprecherübertragung in einem Zelt im Hof des Vereinswirtes das Singen verfolgen.
Den Regeln des damaligen Wertungssingens entsprechend sang jeder Chor freigewählte Lieder und alle gemeinsam sangen einige festgelegte Massenchöre, die in Geiss-Nidda bei der Friedenslinde vorgetragen wurden.
Am Rande sei festgestellt, dass die Sänger schon damals durstige Kehlen hatten, denn der Chronist beschwerte sich über die Biersteuer.
Die Jahreshauptversammlung für 1933 wurde mit "zwei flotten Musikstücken" des neu gegründeten Orchester-Vereins eingeleitet, dessen Leitung der Sohn Otto unseres Dirigenten übernommen hatte. Wie lange dieser Verein aber aktiv war, ob er selbstständig oder als Abteilung des Vereins fungierte, ist aus dem Protokoll nicht zu entnehmen.